Augen zu und los…
Prüm Haben Sie schon mal versucht, mit geschlossenen Augen ein vorher fixiertes Ziel zu erreichen? Die drei Schritte vom Tisch bis zur Küchentür zum Beispiel? Das ist gar nicht so einfach, denn eigentlich benutzen Menschen immer, auch im vertrauten Gelände der eigenen vier Wände, ihren Sehsinn um sich zu orientieren. Wenn man aber andere Sinne dazu einsetzen soll, den Tastsinn der Füße, das Gehör, das Gefühl für die eigene Körperhaltung und den Gleichgewichtssinn, dann stößt der moderne Mensch schnell an seine Grenzen. Je länger die zu überwindende Strecke dann noch ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dass man sein Ziel erreicht. Ganz finster sieht es dabei aus, wenn man ohne Taschenlampen nachts im dunklen Wald unterwegs ist. Der Vorsatz einfach geradeaus zu gehen, wird in über 90% der Fälle nicht hinhauen. Dazu sind Menschen heutzutage viel zu sehr auf ihren Sehsinn fixiert. Kein anderer Sinn wird annähernd so bewusst für die Alltagsbewältigung eingesetzt, wie das Sehen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, ist doch nahezu alles in unserer modernen Gesellschaft vornehmlich auf das Sehen ausgerichtet. Wir lesen Bücher, wir schauen Fernsehen, wir beachten die Verkehrsschilder und konzentrieren uns auf das Umschalten der Ampel. Während die anderen Wahrnehmungsmodalitäten immer weniger Bedeutung für das alltägliche Leben haben, entwickelt sich der Mensch immer mehr zu einem von visuellen Reizen gesteuerten Lebewesen. Die Wildnispädagogik nutzt genau diese Schwäche des modernen Menschen, um ihm oder ihr die anderen, ebenso wichtigen Sinne nochmal in Erinnerung zu rufen.
Zu diesem Zweck haben die Wildnispädagogen Willi Bauer (Fachstelle Suchtprävention) und Franz Urfels (Fachstelle Spielsucht) sowie Studentin Selina Rach vom Caritasverband Westeifel e.V. im Rahmen ihres Projektes "Waldschwärmer" wieder einen Tag mit Kindern und Jugendlichen im Wald verbracht. Die vornehmlich aus Flüchtlings- und Migrantenfamilien stammende Gruppe setzte sich einen Tag lang mit den Grundlagen des Überlebens in freier Natur auseinander. Neben dem fachgerechten Aufbau eines Lagerfeuers übte die Gruppe auch den Bau einer vor Kälte schützenden Laubhütte. Schließlich unternahmen die jungen Leute den Versuch, mit verbundenen Augen eine Strecke von ca. einhundert Metern auf einer unebenen Wiese zielgenau zu meistern und dabei alle Sinne außer dem Sehen einzusetzen. Wenn es gelang, war der Stolz auf die eigene Leistung umso größer.
Der Caritasverband Westeifel e.V. führt seit 2015 im Rahmen der Suchtprävention und Spielsuchtpräventionsarbeit regelmäßig wildnispädagogische Angebote durch. Die Schulung von Wahrnehmung und Achtsamkeit gegenüber sich selbst sowie auch gegenüber der Natur stehen bei diesen Angeboten im Mittelpunkt. Ganz spielerisch werden die jungen Leute so in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert, ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt und dadurch sind sie gegen Suchtgefahren besser geschützt.