Viele Menschen wünschen sich für ihren Lebensabend solche individuellen
Versorgungsformen", sagte Nicola Adick, Vorsitzende der AGCV und Caritasdirektorin für die Diözese
Mainz am Mittwoch. In einem richtungsweisenden Urteil hatte das Bundessozialgericht am
10. September die strengen Anforderungen an den so genannten Wohngruppenzuschlag gekippt
und damit das Selbstbestimmungsrecht der in Wohnpflegegemeinschaften lebenden, pflegebedürftigen
Personen deutlich gestärkt.
Die Wohnpflegegemeinschaften mit maximal 12 Plätzen unterscheiden sich von Pflegeheimen
unter anderem dadurch, dass die dort lebenden älteren Menschen und ihre Angehörigen selbst
darüber entscheiden, wer die ambulante Versorgung in Form von Pflege und Betreuung leistet. In
der Pflegeversicherung ist für die Finanzierung der ambulanten Versorgungsform "Wohnpflegegemeinschaft"
ein monatlich zu zahlender Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214 Euro pro pflegebedürftiger
Person vorgesehen. Damit wird unter anderem eine die ambulante Versorgung koordinierende
Präsenzkraft finanziert, die gemeinsam von den WG-Mitgliedern beauftragt wird.
Mit Rückendeckung mehrerer Sozialgerichte hatten Krankenkassen diese Leistung in der Vergangenheit
immer wieder verweigert. Dagegen hatte unter anderem die Bewohnerin einer Wohnpflegegemeinschaft
des Caritasverbandes Westeifel geklagt. Sie war von den Diözesancaritasverbänden
in Mainz und Trier beraten worden. In den rheinland-pfälzischen Bistümern bietet die
Caritas mehrere Pflege-WGs an.
Das Bundessozialgericht verwies in seinem Urteil auf das gesetzlich festgeschriebene Ziel, ambulante
Wohnformen und damit das Selbstbestimmungsrecht pflegebedürftiger Menschen zu fördern.
Vor diesem Hintergrund seien die bislang von den Krankenkassen aufgestellten hohen Hürden
zur Zahlung des Wohngruppenzuschlags nicht gerechtfertigt. So unterliege eine gemeinschaftliche
Beauftragung der Präsenzkraft durch die WG-Mitglieder keinen strengen Formvorgaben
und könne auch durch nachträgliche Genehmigung der Mitglieder erfolgen. Beauftragt werden
können sowohl eine als auch mehrere Personen als auch eine die Präsenzkraft beschäftigende
juristische Person wie etwa ein Caritasverband.
Mit Sorge betrachtet die AGCV die teils skeptische Haltung von Heimaufsichtsbehörden
gegenüber selbstbestimmten Wohnformen. "Trotz des Urteils könnte dies zur Folge haben, dass
Pflege-WGs heimordnungsrechtlich in Bedrängnis geraten", befürchtet Heinrich Griep, Justitiar im
Caritasver-band für die Diözese Mainz. Dabei sei in der Pflegeversicherung eine umfassende
bundesrechtli-che Förderung neuer Wohnformen verankert.
Herausgegeben von:
Arbeitsgemeinschaft der Caritasverbände
Rheinland-Pfalz
Ansprechpartner:
Dirk Herrmann, Geschäftsführer